Der „Holocaust-Leugner“ Ken Jebsen: Eine Klarstellung

Jebsen

22. August 2019   —   Nach der Veröffentlichung meines letzten Artikels zu einer fragwürdigen Aktion der BILD-Zeitung wird aktuell erneut behauptet oder zumindest nahegelegt – unter anderem vom Politiker Volker Beck sowie vom Journalisten Benjamin Weinthal – Ken Jebsen sei erwiesenermaßen ein Holocaust-Leugner. Da dieser Vorwurf strafrechtlich relevant ist und zugleich keine Belege dafür präsentiert werden, veröffentliche ich im Folgenden Auszüge aus einem Interview, in dem Jebsen sich ausführlich zu diesem Vorwurf äußert sowie zu den konkreten Umständen seines Rauswurfs beim RBB im Jahr 2011. Das Interview erschien 2016 in dem Buch „Der Fall Ken Jebsen oder Wie Journalismus im Netz seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann – Der Macher von KenFM im Gespräch mit Mathias Bröckers“. Die folgenden Passagen finden sich darin auf den Seiten 52 bis 85. Hervorhebungen sind von mir.


Ken Jebsen: „Ich erinnere mich ganz genau, wie es zu dem Chat kam, der mein vorzeitiges Ende beim rbb einläutete. (…) Irgendwann hatte ich in einem dieser Chats mal jemanden, von dem sich später herausstellte, dass es ein Historiker war. Der hatte erkennbar eine andere politische Meinung als ich. (…) Wir kamen jedenfalls in einem sehr, sehr langen Chat auch auf das Thema Drittes Reich, Staatsterror und den Holocaust. Das ging wirklich sehr, sehr lange. Und irgendwann ist mir der Kragen geplatzt. Ich wollte mich nicht permanent von oben herab belehren lassen. Hier ließ einer wirklich den Oberlehrer raushängen. Ich war schwer genervt. Also habe ich morgens irgendwann geschrieben: »Sie müssen mir nicht den Holocaust erklären, ich weiß, wer ihn als PR erfunden hat.«

Dieser Satz ist natürlich missverständlich, denn er lässt offen, ob der Schreibende meint, der Holocaust hätte nie stattgefunden, oder aber, der Holocaust sei mit den Techniken der PR auf den Weg gebracht worden. Ich spreche dann in meinem Chat aber konkret Edward Bernays an. Bernays war der Schwiegersohn von Sigmund Freud und hatte 1928 das Standardwerk Propaganda veröffentlicht. Eine Anleitung, um Massen zu manipulieren und ihnen fremde Ideen als die eigenen zu verkaufen. Das ist kein fauler Zauber, das ist angewendete Verhaltensforschung. Bernays selber schrieb dazu: »Wenn wir den Mechanismus und die Motive des Gruppendenkens verstehen, wird es möglich sein, die Massen, ohne deren Wissen, nach unserem Willen zu kontrollieren und zu steuern.«

Auch Joseph Goebbels hatte Propaganda gelesen, er erkannte das »Potential« und wendete die dort beschriebenen Techniken der Manipulation eins zu eins an. Er kreierte den Zeitgeist, der nötig war, um später Millionen Menschen industriell zu vernichten. Edward Bernays wurde mit dieser Tatsache später konfrontiert, als ihm ein amerikanischer Reporter berichtete, er hätte Propaganda in Goebbels’ privater Bibliothek entdeckt. All das schrieb ich. (…) Wer sich da aber nur den, zugegeben, hingeklatschten Satz rausschnappt, betreibt selber exakt das, was ich verurteilt habe: bewusste Manipulation. (…)

Im Anschluss soll er (der Chat-Partner; P.S.) unseren Chat an Die Zeit mit der Behauptung, beim rbb sitze ein Antisemit am Mikrofon, geschickt haben. Lest den Chat, dann erkennt ihr es auch. Doch selbst die Zeit, schon immer das Ausspielorgan der Atlantik-Brücke, soll in diesem Chat keinen Antisemitismus erkannt haben. Eher das Gegenteil. (…) Die Zeit hatte also abgelehnt. Also versuchte er es, wie mir zugetragen wurde, bei der Süddeutschen Zeitung. Aber auch hier angeblich dasselbe Ergebnis. (…)

Nachdem er bei der Zeit und der Süddeutschen abgeblitzt war und er das berechtigt als persönliche Niederlage empfinden musste, wandte er sich an Henryk M. Broder. Na, und der tat dann das, was er am besten konnte. Er riss Sätze aus dem Zusammenhang, verkürzte damit massiv und montierte so einen vollkommen verzerrten Grundtenor meiner Botschaft. Ich hatte mich in meinem Text gegen jede Form des Rassismus und gegen jede Form von Krieg positioniert. Bei Broder kam ich rüber wie ein überzeugter Neonazi.

Als mich mein damaliger Chefredakteur anrief, sagte er, die Intendanz hätte von Broder einen Anruf erhalten. Er würde auf seinem Blog Teile meines Chats veröffentlichen, aus denen eindeutig hervorging, dass ich ein brauner Hund sei. Ob die kommende Live-Sendung tatsächlich on air gehen würde, war ungewiss. Würde Broder am Sonntag vor 14 Uhr auf seinem Blog mich ins Visier nehmen, gäbe es an diesem Tag zum ersten Mal in der Geschichte der Sendung keine neue Folge. Und so kam es.

Wir waren am besagten Sonntag ab 13.30 Uhr startklar. Die Bands und Talkgäste standen in ihren Startlöchern. Kurz vor 14 Uhr – die Vorgängersendung hatte noch Werbung für KenFM gemacht – veröffentlichte Broder seinen Blogbeitrag und mein Chefredakteur verbot per Telefon, auf Sendung zu gehen. Minuten nach Broders Post bekam ich die ersten Morddrohungen per SMS von anonymen Personen. Broder hatte also mit großer Wahrscheinlichkeit seine Absicht, mich zu denunzieren, an Dritte weitergeleitet. Im Anschluss rollte ein medialer Orkan der Vorverurteilung über mich hinweg. Es war, als hätte ich eine Atombombe ausgelöst. So ging das Wochen. KenFM schaffte es bis ins Wall Street Journal.

Warum mich mein Chefredakteur damals nie nach meinem kompletten Chat-Text fragte – er hätte mich sofort entlastet –, ist mir erst viel später in den Sinn gekommen. Wenn ich mich an die Stimmung vor dem Sendetermin erinnere, standen alle, die von Broders Plan wussten, seit seiner Ankündigung regelrecht unter Schock. Logisches Denken kam da definitiv zu kurz.

Es ist heute so, dass Einzelpersonen mit ihren Blogs und ihren autarken Netzwerken ähnlich wie Fondsmanager an der Börse einfach gigantische Leerverkäufe tätigen können. Jene erpressen Staaten, in meinem Fall hat Broder den rbb erpresst. Der Mann war medial super verdrahtet, niemand hatte Bock, sich mit Broder anzulegen. Man hatte in der öffentlichen Wahrnehmung, und nur um die geht es in diesen Auseinandersetzungen, keine Chance, wenn man nicht zu Wort kommt, sich medial nicht bei denselben Medien verteidigen kann, die permanent Broders Ansichten brachten. Nur das ist der Trick. Ich wurde nie um eine detaillierte Stellungnahme gebeten. In dubio pro reo? Pustekuchen. Broder hat beim rbb von außen Personalpolitik betrieben, um ungewünschte Meinungen zu unterdrücken. (…)

Zudem gab es in meiner Sendung KenFM über alle 545 Sendungen ohne Ausnahme eine Rubrik, die von Anfang an vertreten war. Sie hieß »RückblickKEN« und beschäftigte sich jede Woche mit dem Holocaust. Der Holocaust wurde 52-mal im Jahr und das über den gesamten Zeitraum der Sendung, also über neuneinhalb Jahre, Woche für Woche als die größte Warnung der Geschichte zitiert, und jede Woche gab es einen aktuellen Bezug zur Gegenwart.

Neonazis hatten einen jüdischen Friedhof geschändet, Menschen mit Migrationshintergrund waren von Rassisten aufgrund ihrer Hautfarbe zusammengeschlagen worden, die NPD rief zu einem Fackelzug auf, und so weiter. Jede Woche gab es also den Anlass, von der Gegenwart auf die braune Epoche Deutschlands zu verweisen, und immer wurden dabei die O-Töne von KZ-Überlebenden als akustische Klammer eingespielt.

Ausgerechnet mir, der diese Epoche, wie gesagt, jede Woche behandelte, zu unterstellen, ich würde den Holocaust leugnen und als Erfindung zu PR-Zwecken bezeichnen, das geht nur, wenn man vorsätzlich die gesamte Geschichte von KenFM ausblendet und leugnet.

Wo waren die Beweise?

Exakt das passierte in meinem Fall und die Mainstreampresse machte vollkommen gleichgeschaltet mit. Sie interessierte sich nicht für mich. Sie wollte gar nicht herausfinden, ob das denn sein könne, was Broder da lanciert hatte, ich, Jebsen, wäre ein bekennender Antisemit, der seit zehn Jahren seine Neonazi-Botschaften finanziert durch GEZ-Gebühren live senden dürfte. Wo waren die Beweise für diese existenzvernichtende Behauptung? Es hätte sie bei zehn Jahren KenFM massenhaft geben müssen. Nur, wer suchte, fand eben genau das Gegenteil.

Und hier liegt das eigentliche Problem. Broder hatte offensichtlich ein derartiges Einschüchterungspotential, dass es niemand, auch nicht die Hauptstadtpresse, wagte, ihm zu widersprechen. Was die Presse sich hier leistete, machte die Affäre für mich extrem interessant. Wenn diese Kollegen es in meinem Fall durch die Bank nicht für nötig hielten, mit mir zu sprechen, wenn sie die unzähligen Beweise, die gegen Broders Behauptungen standen, nicht zur Kenntnis nehmen wollten, hätten sie ja nur beim rbb ins Archiv gehen müssen. Wenn diese Kollegen also bereit waren, die Wahrheit vollkommen zu verbiegen, indem sie ausnahmslos voneinander abschrieben – was stimmte dann an dem ganzen Rest ihrer »recherchierten« Tatsachenberichte?

Mir wurde klar, dass die Mainstreampresse nicht extra für mich auf Recherche verzichtet hatte, sondern dass das längst ihre normale Arbeitsweise war. Man schrieb voneinander ab. Punkt. Diese Erkenntnis wurde für mich der Zündfunke für das neue KenFM. Ich wollte jetzt erst recht da hingehen, wo es weh tut. Und weh tut es vor allem in der eigenen Branche, die sich längst davon verabschiedet hat, ihren Beruf wie ein solides Handwerk zu betreiben. Als ich neulich den ehemaligen Leiter des Spiegel-Büros in Bonn, Dirk Koch, interviewte, gab er mir nicht nur in diesem Punkt vollkommen Recht.

Aber noch mal zurück zu dem Chat, der mich meine Sendestrecke kostete. Ich erfuhr von Broders Absicht, ihn gegen mich zu verwenden, von meinem Chefredakteur per Telefon. (…) Mein Chefredakteur am Telefon war jedenfalls hörbar angeschlagen und sagte: Der Henryk M. Broder hat hier im Haus angerufen, alles steht kopf. Am selben Tag wurde mir eine Mail von Broder und seinen Plänen, mich zu denunzieren, zugespielt, von einem Freund beim Schwestersender Radio Eins, bei dem Broder eine wöchentliche Kolumne hatte. Sie endete mit »Gruß aus D.C.«.

An dieser Stelle muss man festhalten, dass ich in den zehn Jahren von KenFM zuvor nie negativ über Israel gesprochen hatte. Ich hatte das Land schon bevor ich beim Radio war häufiger besucht, als ich zur See gefahren bin. Und einmal hatten wir in Israel einen Maschinenschaden, ich war drei Wochen auf Reede, und da haben wir uns einen Jeep gemietet, ich bin dort rumgefahren und habe mit Leuten gesprochen. Der Holocaust war ja das Ende der Fahnenstange, das schlimmste Menschheitsverbrechen, das es je gab.

Wie fing das an, die Hetze, dass die Menschen mitgemacht haben, die Denunziationen und all das? Wie hat man es über dreizehn Jahre geschafft, ein Kulturvolk so weit zu bringen, dass man Menschen einfach waggonweise weggefahren hat und umbrachte, industriell organisiert? Wir haben das in der Schule zwar durchgenommen, aber man konnte sich das nicht vorstellen. Ich wollte das wissen und habe deswegen mit Leuten gesprochen, denen man seinerzeit die KZ- Nummer tätowiert hatte.

Von der überlebenden Generation in Israel, den deutschen Juden, bin ich nie angegiftet worden, die freuten sich, dass ich mich für ihre Geschichte, deutsche Geschichte, interessiere. Ich hatte es mit authentischen Zeugen zu tun, die mir diesen Horror erklärten. Eben deshalb gab es später bei KenFM über Jahre die Rubrik »RückblicKEN«.

Dass mir dann unterstellt wurde, dass ich ein Nazi sei, antisemitisch oder ein Feind Israels, fand ich unverschämt. (…) Die Sache ging dann groß durch die Presse, Antisemit, bis in die New York Times, bei den Twitter- Meldungen auf Platz eins in Deutschland damals. Da dachte ich, wow, ich hab’s bis nach New York City geschafft. Und merkte, wie die Medienmaschine auch arbeiten kann und wie sie sich plötzlich gegen mich wendete.

„Die Vorwürfe hält der RBB für unbegründet“

Meine Anwälte sind dann in die Spur gekommen, haben das richtig gestellt, und ich bin nächste Woche wieder auf Sendung gegangen. Broder selber wurde gefragt. Er sagte, er kenne die Sendung gar nicht. Wir kannten ihn ja auch nicht und wollten ihn einladen, mit Kindern vor Ort mal über Antisemitismus reden. Broder hat aber gesagt, mit Typen wie mir trifft er sich nicht. Er wäre kein Pathologe. Worauf mir nur einfiel: Sehr komischer Typ, er schießt als Heckenschütze, behauptet Dinge, verdreht absichtlich, aber stellt sich dann keiner Diskussion. (…)

Der Sender ist dann erst mal nicht eingeknickt, sondern hat sich vor mich gestellt – und musste mich in der folgenden Woche aufgrund meiner Anwälte wieder ins Programm nehmen. Aber dann habe ich mich mit der Intendanz und Co. getroffen, da waren immer meine Anwälte dabei. Bei Antisemitismus hört der Spaß auf, ich habe mir wirklich die besten Leute geholt. Der Sender hat ein Papier formuliert und klargestellt, dass ich nicht bin, was da behauptet wird. Und sich gegen die Unterstellung verwahrt, so jemanden über Jahre und auch als eine Art Aushängeschild bei sich arbeiten zu lassen, ohne davon irgendetwas zu bemerken. In der Meldung, die von der Pressestelle des rbb veröffent- licht wurde, hieß es unter anderem:

»Ken Jebsen wird am kommenden Sonntag wie gewohnt bei Fritz zu hören sein. Die Vorwürfe gegen den Moderator, er verbreite antisemitisches Gedankengut und verleugne den Holocaust, hält der Rundfunk Berlin-Brandenburg für unbegründet.

Die Programmverantwortlichen des rbb haben ausführlich mit dem Moderator gesprochen. rbb-Programmdirektorin Claudia Nothelle: ›Ken Jebsen ist ein Moderator, der die jungen Hörerinnen und Hörer für Politik und Demokratie begeistern und sie zum Mitwirken anregen will. Wir mussten aber leider erkennen, dass er in manchen Fällen die Grenze überschritten hat. Pointierte Meinung passt in die Sendung – aber nicht, ohne die journalistischen Standards einzuhalten.‹

Hierüber haben die Verantwortlichen mit dem Moderator gesprochen und klare Absprachen für die Zukunft getroffen.«

Aber dann hat man zu mir gesagt: »Das, was du die letzten Jahre gemacht hast, kann so jetzt nicht mehr laufen, nämlich dass du einfach deine Sendung am Sonntag machst. Wir wollen jetzt von dir mindestens eine Woche vorher wissen, was kommen soll, und das Skript sehen. (…) Ich habe gesagt, okay, in Zukunft werde ich die Beiträge der Sendung eine Woche vor der Ausstrahlung vorlegen. (…)

Aber die (nächste; P.S.) Sendung wurde abgenommen und gesendet. Nachdem die Sendung am Sonntag gelaufen war, bekam ich einen Anruf vom Justitiar des rbb. »Guten Tag, Herr Jebsen, wir wollen Ihnen nur mitteilen, der rbb wird die Zusammenarbeit mit Ihnen einstellen.« Zack, aufgelegt. Das war’s. Ich habe dann zurückgerufen und nach einer Begründung verlangt. Ich hatte alles getan, was man von mir verlangt hatte, die gesendete Show vorgelegt. Der rbb hatte seine Zensur durchgesetzt und ich war dem nachgekommen. Der rbb hatte der finalen Sendung ja quasi den TÜV-Stempel verpasst. Sollte mir ein Fehler unterlaufen sein, hatte der rbb ihn nicht bemerkt. Gab es diesen Fehler? Ich bekam keine Antwort. (…)

Später, konkret im Januar 2012, sagte die damalige Intendantin, als sie im hauseigenen Medienmagazin, gesendet auf radio-eins, auf KenFM angesprochen wurde, Ken Jebsen hätte sich nicht an journalistische Standards und Leitplanken gehalten. Ich erwartete dann, dass die Journalisten in Berlin, Der Tagesspiegel, die Berliner Zeitung, die taz, wer auch immer, dass diese Journalisten sich einklinken würden, um nachzuhaken, was denn damit konkret gemeint sei: Leitplanken und journalistische Standards. Hatte ich in der letzten Sendung erneut versagt? Dann würde etwas mit der Endkontrolle des rbb nicht stimmen. Oder sprach Dagmar Reim von Sendungen, die vor dem Eklat gelaufen waren? Das waren 544!

Welche davon? Worin bestand die Verfehlung? Und wie muss man sich das Rechtsverständnis von Dagmar Reim vorstellen, die einen Moderator vom Netz nehmen lässt, die kommende Sendung dann zensieren lässt, aber sendet, um im Anschluss von Leitplanken und journalistischen Standards zu faseln, die es nirgends schriftlich fixiert gab? Um es kurz zu machen: Kein einziger Journalist hat bezüglich des offiziellen Kündigungsgrundes nachgefragt. Niemand wollte von der rbb-Intendantin wissen, was das für Leitplanken und journalistische Standards seien, deren angebliche Nichteinhaltung zu meiner Kündigung geführt hatte. (…)

(Anmerkung P.S.: Die taz hat Ende 2011 nachgefragt und berichtete: „Details wurden vom Sender auch auf Nachfrage nicht genannt.“)

So ist die Sendung beendet worden, und dann wurde immer wieder behauptet, ich wäre wegen des Antisemitismusvorwurfs entlassen worden. Doch das ist frei erfunden. Ich habe nie Antisemitisches von mir gegeben, sondern war über zehn Jahre eher der Vorzeige-Warner vor Antisemitismus, da halte ich den absoluten Rekord in der ARD. Zehn Jahre lang, 545 Sendungen, jede Woche, in Beiträgen zwischen fünf und zehn Minuten, war der Holocaust ein Thema und ich habe immer gesagt: Deutschland, aufpassen!

Man muss doch, wie ich finde, das Wesentliche des Holocaust herausdestillieren. Man muss gegen Willkür und Terror auf die Straße gehen, sich wehren, mutig sein, nicht weggucken. Egal, gegen wen es geht, wenn Juden attackiert werden, wenn gegen Türken oder Muslime vorgegangen wird, wenn Frauen verprügelt oder Homosexuelle gebasht werden. Wenn also irgendwo Intoleranz hoffähig gemacht werden soll, wenn der Rechtsstaat einknickt, die Demokratie versagt – wenn Willkür zum Terror-Tool wird. Dann muss man sich für die, die es trifft, ins Zeug legen. Das ist meine humanistische Grundhaltung.

Aber plötzlich war ich nach siebzehn Jahren in diesem Laden so etwas wie eine Persona non grata. Ich habe von heute auf morgen meine Kollegen nie mehr gesehen. Was für mutige Menschen! Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich aus dieser ganzen Affäre eine Menge gelernt habe. Geschichte kann sich jederzeit wiederholen. Die Massen sind verführbar und die Intellektuellen feige bis ins Mark. (…)

Dennoch muss ich dem Broder heute natürlich danke sagen – ohne ihn wäre dieser Traumstart raus aus einem offensichtlich von außen steuerbaren rbb in ein wirklich freies Netz nie so hervorragend gelaufen. Es gab sogar schon Leute, die gesagt haben, ihr arbeitet doch heimlich zusammen, so viel PR, wie der für dich macht. Das muss ich bestreiten, aber es war schon PR. Bernays trifft man eben überall.“

„Der Fall Ken Jebsen oder Wie Journalismus im Netz seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann – Der Macher von KenFM im Gespräch mit Mathias Bröckers“, Westend Verlag, 2016

Bild: KenFM

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10 Gedanken zu „Der „Holocaust-Leugner“ Ken Jebsen: Eine Klarstellung

  1. marie

    besser kann man einen „fall“ nicht nachrecherchieren (zumal er ja vor unserer haustür stattgefunden hat) . vielen dank dafür!

    alles liegt offen auf der hand und ist belegbar.

    >>> und doch … (abgesehen von den cleveren anwälten von jebsen, welche ja letztendlich „NUR“ geld, statt der möglichen alternative der öffentlichen (juristischen) rehabilitierung und damit verbundener aufklärung erreicht haben (wollten?)

    genauso beobachte ich das ganze existierende system (und wirklich nicht nur ich!) in sehr unterschiedlichen teilgebieten: die wahrheit, die aufklärung, die gerechtigkeit und noch weitaus mehr benennbare menschliche tugenden und werte bekommen keine echte chancen mehr … klar kann dies (freiwillig) mit geld kompensiert werden – doch die „mächtigen“ sind meist auch die reichen (und mit anderen mächtigen und reichen gut vernetzt) … ein filz und sumpf – oft belegt (krüger) und trotzdem nicht im hellen licht der gesellschaftlichen wahrnehmung …

    WARUM wohl??? es bleibt die angst – die berechnung und die ganz persönliche entscheidung des gewissens und die richtig bzw. falsch verstandene verantwortung, die mit geld entsorgt werden kann … wir leben im KAPITALismus … und nur wer hier wirklich ohne kapital lebt ist kein teil davon >>> m.m.n. hat adorno dies alles sehr umfassend im kontext beschrieben >>> und persönlich nichts geändert >>> doch nur daraum geht es und NICHT ums interpretieren = mißachtung von geld und kapital muß gelebt werden … haha … so einfach … ist wie mit dem krieg, wenn keiner hingehen würde

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  2. Steve

    Es hing damals vielleicht auch mit der ehrlichen Sichtweise auf das Thema 9/11 zusammen. Ich hatte damals auf Fritz live eine große Sendung verfolgt, in der Ken Jebsen öffentlich die offizielle Version angezweifelt hat. Ich dachte noch: Mann – so was in unseren Nachrichten? Kurz danach war er weg …

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    1. marie

      ja sowas stelle ich mir auch vor – es ging einfach gegen die person und es mußte ein vorwand „gefunden“ werden

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  3. Deutschland

    Eine gute Klarstellung. Seit 2014 verfolge und unterstütze ich die Veröffentlichungen von KenFM. Super Qualität, extrem hohes Niveau, variantenreich, dem Frieden und der Völkerfreundschaft verpflichtet und augenöffnend, zu empfehlen. Großartige Entdeckungen: Daniele Ganser und Prof. Rainer Mausfeld.

    P.S.: Für mich war der Umgang der sogenannten Linken mit KenFM ernüchternd. Ausnahmen, wie die Herren Dehm und Gehrcke sowie Frau Dahn gibt es lobenswerterweise.

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  4. scottberlin

    Vielen Dank Paul Schreyer, ein aktuell sehr wichtiger Hinweis bzw. eine Erinnerung. Ken ist ein wichtiger Kämpfer für eine solidarische Gesellschaft und du bist es auch. Ich unterstütze Dich.

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  5. Michael Walter

    Vielen Dank für diesen Artikel. Als ich während der sogenannten Ukrainekrise auf KenFM stieß, googelte ich nach KenFM, weil ich wissen wollte, was für ein Kanal das sei. Natürlich stand Broders Website ganz oben in den Suchergebnissen. Seine Behauptung stand so im Widerspruch zu meinem Eindruck von KenFM, dass ich mir den Chat durchlas. 3 mal! Ich fragte mich, ob ich vielleicht zu dumm sei, Antisemitismus zu erkennen. Aber da gab es keinen. Seit 2014 gehören KenFM und viele alternative Medien zu meinem Alltag. Die üblichen Medien lese ich – wenn überhaupt – so wie die Menschen der damaligen DDR das „Neues Deutschland“ lasen: zwischen den Zeilen, sich fragend, welche Meinung mir untergejubelt werden soll.

    Ich finde Ihre Arbeit übrigens ausgezeichnet, Herr Schreyer. Bleiben Sie bitte dabei 🙂👍🏻

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  6. Hans-Otto Vogler

    Sehr geehrter Herr Jebsen, leider bin ich erst seit Januar 2019 auf KenFM gestoßen. Herzlichen Dank für diesen wunderbaren Kanal! Durch Sie und Ihren Kanal sind mir erst richtig die Augen geöffnet worden. Schlimm, wie Broder und der RBB mit Ihnen verfahren sind. Ich werde Ihren Kanal aufmerksam und mit geistigem und politischen Gewinn weiterhin verfolgen. Nun brauchen Sie sich nicht!!!! verbiegen. Über Ihren Kanal habe ich andere sehr interessante Alternative Medien entdeckt, zum Beispiel Dr. Daniele Ganser. Ihnen und Ihren Mitstreitern auf KenFM wünsche ich alles erdenklich Gute und Menschen, die uneingeschränkt zu Ihnen stehen. Machen Sie bitte weiter auf KenFM. Danke!
    Herzliche Grüße von Hans-Otto Vogler aus Nürnberg

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    1. Gertrud Hoffmann

      Huch! Herr Schreyer! Wo ist mein Kommentar? Kann es sein, dass Sie unliebsame Kommentare unterdrücken? Finde ich klasse. Reitschuster macht das auch. Zum Glück kann man Screenshots anfertigen. Und zu gegebener Zeit einbringen. Weiter so! Das erhöht Ihre Glaubwürdigkeit ungemein! Sie sollten sich nun künftig nie (!) über Gleiches bei den MSM beschweren. Ich werde zur Stelle sein. Versprochen!

      Gruss Gertrud Hoffmann 😀

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  7. Gertrud Hoffmann

    Sehr, sehr verwunderlich, dass Ken Jebsen erwartete, dass sein Chefredakteur den gesamten Chat-Text anfordert. Ich hätte in seiner Situation genau das getan: diesen Chat unaufgefordert zu ihm und auch zu Broder gesandt. Warum tat er das nicht. Ich wäre noch weiter gegangen und hätte ihm jedem zugänglich gemacht. Es hätte weder ein „Verfahren“, noch einen Rauswurf gegeben.

    Wieso eigentlich hat Jebsen sich mit dem Sender geeinigt, dass es eine Abfindung gibt und das Thema dann von den Beteiligten nicht mehr öffentlich besprochen wird? Irgendetwas stimmt hier nicht. Und wieso wundert das Herrn Schreyer nicht?

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