SPIEGEL-Cover zum Fall Skripal: Beschwerde beim Presserat eingereicht

Spiegel-Cover Heft 12-201821. März 2018   —   Heute habe ich beim Presserat Beschwerde gegen den SPIEGEL eingereicht. Der Eingang wurde mir bestätigt. Es folgt der Wortlaut der Beschwerde:

Die Cover-Schlagzeile des SPIEGEL vom 17. März 2018 („Todesgrüße aus Moskau“) unterstellt eine bewiesene Schuld russischer Täter für den Mordanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal. Da dieser Beweis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ausstand (und bis heute aussteht), verstößt die Schlagzeile in eklatanter Weise gegen Ziffer 13 des Pressekodex („Unschuldsvermutung“) wo es heißt:

„Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse.“

Insbesondere verstößt die Schlagzeile gegen Richtlinie 13.1 des Pressekodex („Vorverurteilung“):

„Die Berichterstattung über Ermittlungs- und Gerichtsverfahren dient der sorgfältigen Unterrichtung der Öffentlichkeit über Straftaten und andere Rechtsverletzungen, deren Verfolgung und richterliche Bewertung. Sie darf dabei nicht vorverurteilen. Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. (…) Zwischen Verdacht und erwiesener Schuld ist in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden.“

Unabhängig vom Pressekodex verstößt der SPIEGEL mit dieser Schlagzeile allem Anschein nach auch gegen Artikel 26 des Grundgesetzes:

„Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“

Korrektur 22. März: Die Annahme, dass eine private Institution wie der SPIEGEL gegen das Grundgesetz verstoßen könne, ist falsch, da das Grundgesetz allein staatliches Verhalten regelt. Der Staat darf nichts unternehmen, was das friedliche Zusammenleben der Völker stört. Die Presse hingegen darf das, rein rechtlich gesehen, schon.

21 Gedanken zu „SPIEGEL-Cover zum Fall Skripal: Beschwerde beim Presserat eingereicht

  1. Hans-Joachim Förster

    Über den geifernden Speichel des ehemaligen “ Sturmgeschützes der Demokratie“ muss man nichts mehr sagen – zu konträr unterscheidet sich der Speichefluss vom früheren Journal für Linksintellektuelle . Nur ein Wort reicht: EKELIG

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    1. mkv

      (Mittelbare) Drittwirkung der Grundrechte
      Das Grundgesetz hat für die Bundesrepublik Deutschland eine freiheitliche Rechtsordnung eingerichtet und damit eine Entscheidung über die objektive Wertordnung getroffen. Die klare Beschreibung der (Grund-)Werte, auf die im Zusammenleben in Deutschland vorrangig Rücksicht zu nehmen ist, strahlt auf die gesamte Rechtsordnung aus. Auf einem „Umweg“ finden Grundrechte auch Eingang in die Rechtsbeziehungen von Privatpersonen, d.h. sie entfalten im Verhältnis der Menschen zueinander keine unmittelbare, sondern nur eine mittelbare Wirkung.
      Dieser „Umweg“ besteht zunächst in der Rechtsprechung der (Zivil-)Gerichte, vor denen die Rechtsstreitigkeiten der Bürger miteinander verhandelt und entschieden werden.

      An diese Grundsätze wird sich auch der Presserat zu halten haben. Schon der eigenen Glaubwürdigkeit und Legitimation halber, in analoger Weise.

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  2. palina

    Hut ab, Herr Schreyer.
    Lese immer wieder gerne ihre Artikel.

    Manchmal geloben Institutuionen einen Preis aus für den x ten Beitritt.
    Der Spiegel sollte solch einen Preis bereit stellen für den letzten Kunden.

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  3. Gast

    Gedanken wie Ihre gingen mir gestern auch durch den Kopf, als ich ich den Spiegel bei einem Freund liegen sah. Danke für die Beschwerde. Unglaublich, wie offensichtlich diese Propaganda des Spiegels inzwischen ist.

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  5. MarcoM

    Danke! Eigentlich müssten wir alle ständig solche Beschwerden einlegen. Auch wenn diese wohl nicht viel nützen werden (aber vielleicht ist der Presserat doch noch aufrichtiger als z.B.der Rundfunkrat – man siehe nur die gefühlten und vollkommenen berechtigten „10.000“ Programmbeschwerden von Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer).

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  6. albert

    Hallo. Zeigt Ihre Beschwerde beim Presserat gegen den privatwirtschaftlich betriebenen SPIEGEL nicht vor allem, daß es keine soziale Bewegung gegen diese Form von „Lügenpresse“ gibt, und daß, als es diese vor´n paar in Dresden und andernorts ansatzweise gab, von dem im Selbstverständnis linksliberalen Medienmeinungskartell als rechts denunziert wurde? Albert

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  7. Cora

    Sehr gut von Herrn Schreyer gemacht. Es ist ein Anfang, der Courage braucht. Doch wo bleibt die Justiz, wenn es um deutsche Waffenlieferungen in Kriegsgebiete geht? Um deutsche Soldaten, die in Afghanistan sich an völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen beteilingen? Oder in Mali oder im Jemen? Wer zeigt Merkel und die Bundesregierung an?

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  8. Matti Illoinen

    „Wie ich selber denke und tue, traue ich auch jedem anderen zu.“ Der Westen als Imperium der Schande, will von seinen völkerrechtswidrigen Kriegen, Drohneneinsätzen, Bombenabwürfen ablenken. Offensichtlich haben die westlichen Medien noch nicht begriffen oder ignorieren, wem das am Ende wohl nützen wird, wenn sie mehr oder weniger alles, was der sog. Westen mit seinen gerade einmal 12% in den letzten Jahrhunderten an Lügen verbreitet, als Wahrheit verkaufen. An Dummheit kann es wohl nicht liegen, wenn alleine im Anbetracht von Saddam, Irak, Brutkastenlüge, oder Hufeisenplan um einige zu nennen, Unbewiesenes systematisch verbreitet wird?

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  10. rosa-damascena

    Herzlichen Dank für diese Beschwerde – und ich frage mich: gäbe es nicht eine Möglichkeit, eine Sammelbeschwerde einzulegen, um dem Ganzen mehr Gewicht zu verleihen? Und um zu zeigen, dass wir diese Art des Journalismus nicht länger hinnehmen wollen?

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  11. Unkenrufer

    Es ist halt eine Mogelpackung, das Paket mit der Aufschrift „freier, seriöser Qualitätsjournalismus“. Im Paket befindet sich eine trübe, stinkende Giftbrühe. Wenn durch Gärung mal wieder eine Blase aufsteigt und als ein solcher Spiegel-Titel aus dem Paket austritt, ist es wenigstens leicht zu erkennen, um was für eine schäbige Mogelpackung es sich handelt.

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  13. Felix Huller

    Sehr geehrter Herr Schreyer,

    der Korrektur vom 22. März hätte es nicht bedurft. Da Art. 26 I 1 GG seinen Anwendungsbereich nicht näher eingrenzt, richtet er sich – jedenfalls in Bezug auf das Störungsverbot – an alle Rechtssubjekte im räumlichen oder persönlichen Geltungsbereich des GG. Dazu gehören nicht nur die staatlichen Organe der Legislative, Exekutive und Judikative sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts und beliehene Unternehmen, sondern auch alle Privatpersonen (natürliche und juristische Personen, sonstige Vereinigungen aller Art). So die wohl einhellige Literatur und die Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG NJW 1982, 194 (194 f.)

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